Referentenentwurf bisher ungenügend
Die Länder übten deutliche Kritik am Vorgehen des Bundesgesundheitsministers. So fehle es nach wie vor an einer belastbaren Auswirkungsanalyse und Folgenabschätzung, obwohl Bund und Länder einen solchen Nachweis vor Fertigstellung des Referentenentwurfs bereits im Eckpunktepapier vom 10.07.2023 ausdrücklich vereinbart hatten. Die Länder hatten explizit angekündigt, dass sie einer derart tiefgreifenden, die Versorgungslandschaft verändernden Reform erst zustimmen können, wenn die Auswirkungen der Reform absehbar und eine auskömmliche Finanzierung der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser gesichert seien. Die wichtigste Forderung der Länder bleibt eine versorgungssichernde Ausgestaltung der Vergütungssystematik. Bis jetzt sehe der KHVVG-Entwurf entgegen der ursprünglichen Pläne eine Fallzahlabhängigkeit vor, die nicht dem eigentlichen Prinzip der Vorhaltevergütung entspreche. Ziel müsse es daher weiterhin sein, die Vergütung der Grund- und Notfallversorgung in Teilen unabhängig von der Fallzahl zu gestalten. Auch werde die Finanzierung bedarfsnotwendiger kleiner Krankenhäuer nach wie vor nur unzureichend berücksichtigt. Zudem enthielte der Entwurf ökonomische Fehlanreize, die versorgungsgefährdend seien. Die Länder sind sich einig, dass der Bund die einstimmig beschlossenen Korrekturforderungen umsetzen muss. Andernfalls würde das Gesetz – wenn es gar nicht anders geht – als Ultima Ratio vor dem Vermittlungsausschuss zu Fall gebracht werden.
Kleiner Lichtblick: Mehr Befugnisse für sektorenübergreifende Häuser?
Zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer ließ sich im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Länder heraushören, für als bedarfsnotwendig definierte Krankenhäuser eine Sockelfinanzierung zu ermöglichen, auch wenn im relevanten Berechnungszeitraum die Mindestvorhaltezahlen unterschritten würden. Allerdings sieht das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hier weiteren Abstimmungsbedarf mit den Fraktionen. „Wohlwollend prüfen“ wolle das Ministerium zudem Änderungen bei den Vorschriften für sektorenübergreifende Häuser: Hier könnte der Facharztstandard auch durch einen Bereitschaftsdienst sichergestellt werden sowie der Aufgabenkatalog um Institutsambulanz und stationäre Pflege erweitert werden. Prüfen wolle man auch die Möglichkeit, den Leistungsumfang durch eine Rechtsverordnung mit Zustimmung der Länderkammer zu regeln. Und schließlich sagte das BMG ebenfalls zu, prüfen zu wollen, ob in sektorenübergreifenden Häusern auch ambulante Leistungen außerhalb des hausärztlichen Bereichs erbracht werden könnten. Außerdem wurde den Ländern die Prüfung ihre Vorschläge zugesagt, bei den Koordinierungsaufgaben von Kliniken kein Benehmen mit der Gesetzlichen Krankenversicherung herstellen zu müssen wie auch bei der Zuweisung der sektorenübergreifenden Häuser. Zudem wird nun offenbar auch erwogen, den Stichtag für Fördermaßnahmen aus dem geplanten Transformationsfonds vorzuziehen. Änderungen an der grundsätzlichen Konstruktion des Transformationsfonds sollen jedoch vom Bundesminister kategorisch ausgeschlossen worden sein.
Fazit
Angesichts der klaren Vereinbarung zwischen Bund und Ländern im Rahmen des Eckpunktepapiers und der von den Ländern geeinten, sehr differenzierten Stellungnahme zum Referentenentwurf ist es mehr als frustrierend, dass der Bundesminister die Krankenhausreform nach seiner ganz eigenen Agenda durchprügeln will. Sollte er das jüngste Bund-Länder-Treffen nicht zum Anlass nehmen, seinen Kurs noch einmal zu überdenken, wird das Reformprojekt unnötig auf die Probe gestellt und nach hinten verschoben. Leidtragende sind die Krankenhäuser, die dringend Planungssicherheit benötigen. Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesgesundheitsminister bis September zumindest die – bereits im März 2023 – versprochene Auswirkungsanalyse vorlegt und auch die weiteren Punkte aus der Stellungnahme zum Referentenentwurf ernst nimmt. Dann ist nach dem aktuellen Zeitplan zwar schon die erste Lesung des KHVVG im Bundestag gelaufen, nicht aber die zweite und dritte, so dass zumindest noch gesetzgeberische Konsequenzen aus der Analyse ins Verfahren einfließen könnten. Wir halten Sie über den weiteren Fortgang informiert.