Kein Schadensersatzanspruch für verspätete oder unvollständige Auskunftserteilung nach Art. 15 DS-GVO

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 28. November 2023 – 3 SA 285/23), das Oberlandesgericht (OLG) Dresden (Urteil vom 20. Februar 2024 – 4 U 1608/23) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 8. Februar 2024 – Sa 154/23) haben sich mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen der Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO auf Fälle der unvollständigen oder nicht fristgerechten Auskunftserteilung Anwendung findet.


Die Fälle

Den Urteilen lagen jeweils Sachverhalte zugrunde, bei denen der Kläger von dem Beklagten Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten gem. Art. 15 DS-GVO begehrte. Die Beklagten beantworteten das jeweilige Auskunftsersuchen entweder verspätet oder unvollständig und verstießen somit gegen Art. 15 DS-GVO. Die Kläger machten gerichtlich einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO geltend. Zur Begründung führten sie unter anderem aus, dass bereits der Verstoß gegen Art. 15 DS-GVO einen immateriellen Schaden begründe. Darüber hinaus bestehe ein Schaden in Form eines Kontrollverlustes.


Die Entscheidungen

Das LAG Düsseldorf lehnte die Anwendung des Art. 82 DS-GVO auf die Fälle der verspäteten oder unvollständigen Auskunftserteilung ab. Seiner Ansicht nach stellt eine verspätete oder unvollständige Datenauskunft nach Art. 12 Abs. 3, Art. 15 DS-GVO keine Datenverarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DS-GVO dar, die wiederum Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO ist. Das LAG Düsseldorf stützt seine Auffassung auf Erwägungsgrund 146 zur DS-GVO: Demnach soll mit dem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO erreicht werden, dass der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter Schäden, die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen, die mit der DS-GVO nicht in Einklang steht, ersetzt. Somit kann nur eine gegen die DS-GVO verstoßende Datenverarbeitung einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO auslösen.

In den weiteren Urteilen argumentieren die Gerichte, dass in den vorliegenden Fällen jedenfalls kein Schaden vorliege. Allein der Verstoß gegen die DS-GVO, vorliegend aufgrund der verspäteten oder unvollständigen Auskunft, stelle keinen Schaden dar. Zwar könne grundsätzlich auch ein Kontrollverlust einen immateriellen Schaden begründen, wie sich aus den Erwägungsgründen 75 und 85 zur DS-GVO ergebe. Dabei sei jedoch nachvollziehbar zu begründen, worin der behauptete Schaden bestehe, also welchen konkreten Kontrollverlust der Kläger befürchte. Dass sich der Kläger über die verspätete Auskunft ärgere („bloßer Ärger“) genüge nicht, um einen immateriellen Schaden anzunehmen.


Bewertung und Ausblick

Das Auskunftsrecht ist ein zentraler Bestandteil im Datenschutz. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH bestimmen die Urteile die Voraussetzungen eines datenschutzrechtlichen Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DS-GVO. Demnach müssen stets eine Verarbeitung personenbezogener Daten unter Verstoß gegen die Bestimmungen der DS-GVO, ein tatsächlich bestehender Schaden sowie ein Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden vorliegen. Der bloße Verweis auf einen Kontrollverlust oder der „bloße Ärger“ über die nicht ordnungsgemäße Auskunft genügt diesen Anforderungen nicht. Ob alle Verstöße gegen die DS-GVO und damit auch die verspätete oder unvollständige Auskunftserteilung in den Anwendungsbereich des Art. 82 DS-GVO fallen, ist von EuGH bislang nicht beantwortet worden. Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH den vom LAG Düsseldorf verfolgten Weg – der diese Frage verneint – mitgehen wird.

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