Aufteilung von Vorsteuer nach dem Gesamtumsatzschlüssel

Viele Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft sind nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil sie überwiegend umsatzsteuerfreie bzw. nicht steuerbare Umsätze ausführen. Liegen aber umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze vor, fallen für diese Teilbereiche in der Regel auch Vorsteuern an, die oft anhand von Schlüsseln berechnet werden. Bei bestimmten Zweckbetrieben wie zum Beispiel Werkstätten für behinderte Menschen können sich auch nennenswerte Vorsteuerüberhänge ergeben. Die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuern ist daher regelmäßig Gegenstand von Betriebsprüfungen. Zur Thematik von Aufteilungsschlüsseln zur Vorsteuerberechnung hat die Finanzverwaltung kürzlich ein neues BMF-Schreiben veröffentlicht.

Der Unternehmer hat grundsätzlich zunächst zu versuchen, jede Eingangsleistung der zugehörigen Ausgangsleistung unmittelbar zuzuordnen. Diese Zuordnung entscheidet primär darüber, ob der Vorsteuerabzug voll, teilweise oder gar nicht möglich ist, denn der Vorsteuerabzug ist davon abhängig, ob die zugehörige Ausgangsleistung zum Vorsteuerabzug berechtigt oder nicht.

Wenn eine direkte Zuordnung nicht möglich ist, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug unter Umständen teilweise vornehmen, wenn sich die Eingangsleistung auf seine gesamte unternehmerische Tätigkeit bezieht. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 und 3 UStG darf der Unternehmer eine sachgerechte Schätzung vornehmen, inwieweit die Eingangsleistung auf zum Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangumsätze und inwieweit sie auf nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsumsätze entfällt. Das Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist ausdrücklich nachrangig anzuwenden, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Doch was bedeutet das für das Verhältnis des Gesamtumsatzschlüssels zu anderen Aufteilungsschlüsseln?

Hierzu hat sich das Bundesministerium für Finanzen (BMF) mit einem Schreiben vom 13. Februar 2024 – III C 2 - S 7306/22/10001 :001 – geäußert. Nach Unionsrecht (Art. 173 Abs. 1 und Art. 174 MwStSystRL) ist für die Vorsteueraufteilung im Grundsatz der Gesamtumsatzschlüssel zu verwenden. Die Mitgliedsstaaten dürfen jedoch von diesem Grundsatz abweichen. Von dieser Möglichkeit macht der deutsche Gesetzgeber Gebrauch. Das BMF gibt dazu vor, dass jeder andere Aufteilungsschlüssel vorrangig zu verwenden ist, wenn er präzisere Ergebnisse liefert als der Gesamtumsatzschlüssel. Auch auf Umsatzzahlen beruhende Aufteilungsschlüssel, die jeweils nur einen Teil der Umsätze einbeziehen (zum Beispiel die Umsätze aus einer Abteilung oder einer Produktsparte), sind als vorrangig zu betrachten. Der Unternehmer muss die Auswahl zwischen verschiedenen präziseren Methoden treffen. Es muss sich bei seiner Auswahl allerdings nicht zwingend um die präziseste Methode handeln. Lediglich wenn der Unternehmer keine präzisere Methode als den Gesamtumsatzschlüssel wählt, darf die Finanzverwaltung einen sachgerechten und präziseren Aufteilungsschlüssel als den Gesamtumsatzschlüssel anwenden. Bei Gebäuden gilt für das BMF nach wie vor der Grundsatz, dass der Flächenschlüssel grundsätzlich dem objektbezogenen Umsatzschlüssel vorzuziehen ist. Das BMF hat diese Anwendungsvorschriften auch in den Abschnitt 15.17 Abs. 3a UStAE aufgenommen.

Nach Abschnitt 15.17 Abs. 3a UStAE ist bei der Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels ein Bruch zu bilden, der den Nettobetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze inkl. unentgeltlicher Wertabgaben im Zähler und den Nettobetrag der Gesamtumsätze inkl. Subventionen, wenn sie mit dem Preis der Leistung unmittelbar zusammenhängen, im Nenner enthält.

Der Umsatzschlüssel soll die reguläre wirtschaftliche Betätigung widerspiegeln. Umsätze, die zu einer Ergebnisverzerrung führen würden (wie zum Beispiel bestimmte Hilfsumsätze, Geschäftsveräußerungen, Kapitalerträge, Verkäufe von Investitionsgütern), sind weder im Zähler noch im Nenner einzubeziehen. Hinzuzurechnende Umsätze sind mit ihrer Bemessungsgrundlage und in Fällen der Versteuerung nach § 25 UStG (Reiseleistung) oder § 25a UStG (Differenzbesteuerung) mit dem vereinnahmten Entgelt (Verkaufspreis abzüglich Umsatzsteuer) jeweils im Zeitpunkt der Steuerentstehung zu berücksichtigen.

Das Ergebnis der Berechnung eines Aufteilungsschlüssels ist stets auf die zweite Nachkommastelle zu runden. Lediglich bei Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels ist eine Aufrundung auf den vollen Prozentsatz möglich. Diese Neuregelung trägt der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Rechnung (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2026 – C-186/15). Aus Vereinfachungsgründen kann für das Voranmeldungsverfahren unterjährig der Vorsteuerschlüssel des Vorjahres verwendet werden. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Jahreserklärung ist eine entsprechende Korrektur vorzunehmen. Das BMF-Schreiben stellt außerdem klar, dass eine Überprüfung nach § 15a UStG in den Folgejahren wegen der schwankenden Umsatzhöhe regelmäßig erforderlich ist.


Praxis-Hinweis

Durch das neue BMF-Schreiben wird die Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels zur Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung präzisiert. Es bleibt allerdings bei der Grundregel: Der Unternehmer selbst muss primär entscheiden, welchen Vorsteuerschlüssel er verwendet. Es muss sich nicht um die präziseste Aufteilungsmethode handeln, sie muss lediglich sachgerecht sein. Wenn der Unternehmer keine sachgerechte Aufteilung oder lediglich eine Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel vornimmt, darf die Finanzverwaltung einen selbst gebildeten (präziseren und sachgerechteren) Vorsteuerschlüssel anwenden. Die neue Regelung im UStAE ist diesbezüglich etwas aussagekräftiger als die bisherige. Das BMF unterscheidet nun zwischen den Aufteilungsmethoden „Gesamtumsatzschlüssel“ und „andere Umsatzschlüssel“. Der Umsatzschlüssel bleibt anzuwenden, wenn bei einer Betriebsprüfung auch die Finanzverwaltung keine sachgerechtere Aufteilungsmethode findet. Der Unternehmer sollte sich daher bereits bei der laufenden Buchführung überlegen, wie er die Vorsteuern aufteilen will. Wenn sich aus den Buchhaltungsunterlagen möglicherweise Daten ergeben, die eine sachgerechtere Aufteilung ermöglichen, sollten diese gesammelt und möglichst direkt bei der Verbuchung berücksichtigt werden.

Zu Diskussionen könnte bei Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels zudem die Frage führen, welche Zuschüsse als Subventionen in den Gesamtumsatz einzubeziehen sind, da gerade steuerbegünstigte Zweckbetriebe häufig durch öffentliche oder kirchliche Zuschussgeber finanziell gestützt werden.

Autorin
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Steuerberaterin, Partnerin, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln

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