Krankenhausplanung NRW - Die sich selbst erfüllende Wirkung der MAGS-Voten

Die Umsetzung der neuen Krankenhausplanung in NRW geht in die nächste Phase. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) hat die zweite Anhörungsphase für die weiteren 60 Leistungsgruppen der Krankenhausplanung eingeleitet. Alle am Verwaltungsverfahren beteiligten Krankenhäuser, Krankenkassen, Kommunen sowie Mitglieder des Landesausschusses für Krankenhausplanung haben ein Schreiben erhalten, welches über die Planung der Leistungsgruppen informiert. Genauso wie in der ersten Anhörungsphase ist es den Einrichtungen gestattet, eine schriftliche Stellungnahme zu den geplanten Leistungsgruppen abzugeben und diese bis zum 11. August 2024 einzureichen. Nach Erhalt und Auswertung aller Stellungsnahmen durch das Gesundheitsministerium, wird auf Basis dessen, eine Entscheidung zu den Leistungsportfolios einzelner Krankenhäuser getroffen. Bis Ende des Jahres sollen somit alle Krankenhäuser über den finalen Stand ihrer Leistungsgruppen informiert werden und auf dieser Grundlage zukünftige Planungen vornehmen können.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Anträge der Krankenhäuser sicherlich auch taktische Überlegungen inkludieren. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Ergebnisse zwischen Antrag der Krankenhäuser und Votum des MAGS nicht zugesprochene Leistungen aufweisen.

Ein Abgleich der Voten des MAGS mit den laut Qualitätsberichten 2024 zur Verfügung stehenden Fallzahlen bzw. OPS-Anzahlen aus dem Jahr 2022 zeigt jedoch auch in Teilen einen wesentlichen Unterschied zwischen Nachfrage und Angebot.

Am Beispiel der Geriatrie im Oberbergischen Kreis ist erkennbar, dass im Vergleich zum Jahr 2022 eine höhere Fallzahl im Bereich der Geriatrie erwartet wird. Jedoch stellt sich die Frage, ob eine Zunahme um rd. 27 % im realistischen Einklang mit dem demografischen Wandel steht oder ob ggf. auch Leistungsverschiebungen erfolgen.

In einem anderen Beispiel im Bereich Bariatrische Chirurgie ist jedoch durch das MAGS im Regierungsbezirk Köln eine Unterdeckung der aktuellen Ist-Mengen geplant. Im Vergleich zu 2022 soll die Fallzahl um rd. 33 % reduziert werden.

Im Gespräch zwischen den Krankenhäusern und dem MAGS wurde auch klar, dass von der großen Linie der verkündeten Voten nicht wesentlich abgewichen wird, obwohl die Anhörungsschreiben noch keine Feststellungsbescheide darstellen. Auch ein Abgleich des vom MAGS festgelegten Bedarf in 2024 zum Votum zeigt in beiden Beispielen, dass vom bisherigen Planungsstand auch durch die Anträge der Krankenhäuser nicht abgewichen wurde. Eine Umsetzung der neuen Krankenhausplanung soll mit dem Jahreswechsel ab dem 01. Januar 2025 erfolgen.

Der Umbruch in der Krankenhausplanung und die phasenweise Vorbereitung führen für die Krankenhäuser zu steigendem Handlungsdruck. Sofern Leistungen wegfallen, müssen die Krankenhäuser reagieren und den Kostenapparat sehr kurzfristig runterfahren, bevor Erlöse wegfallen und die sich in vielen Häusern aktuell ohnehin belastende Ertragslage weiter verschlechtert. Obgleich den Krankenhausträgern die Möglichkeit offensteht, den eigenen Feststellungsbescheid oder den Feststellungsbescheid konkurrierender Krankenhäuser gerichtlich überprüfen zu lassen, gilt zunächst die Planungsentscheidung. Denn eine Anfechtungsklage, die etwa gegen den Feststellungsbescheid eines Konkurrenten gerichtet ist, hat keine aufschiebende Wirkung. Zur Sicherung seiner Rechte hat der Krankenhausträger allerdings die Möglichkeit, den Weg des vorläufigen Rechtsschutzes zu beschreiten.

Ein wesentliches Haupthandlungsfeld ist der Bereich der Personalkosten, da Infrastruktur weniger schnell anpassbar ist und die Personalkosten einen wesentlichen Hebel darstellen. Krankenhäuser gehen zum Teil dazu über, vakante Stellen nicht nachzubesetzen oder Aufhebungsverträge zu vereinbaren, damit Leistungsbereiche, die dem Krankenhaus aberkannt werden, schnellstmöglich auch personell abgewickelt werden können. An dieser Stelle kommt die Führungsebene in den Einrichtungen jedoch in Entscheidungszwänge, da bereits jetzt Entscheidungen über möglichen Personalabbau getroffen werden müssen, obgleich noch über einzelne Bereiche verhandelt werden soll.

Dem gegenüber steht die Frage, ob die eingeleiteten Maßnahmen der einzelnen Krankenhäuser, zu denen sie wirtschaftlich nahezu gezwungen werden, ebenso wie die Ausstrahlungswirkung der Voten des MAGS selbst nicht dazu führen, dass gerade in Zeiten des aktuellen Fachkräftemangels Personal proaktiv die eigene Zukunft in die Hand nimmt und Wechsel in Krankenhäuser fokussiert, in denen die Leistungen mit hoher Sicherheit auch in Zukunft noch angeboten werden.

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass durch die neue Krankenhausplanung eine zunehmende Dynamik im Krankenhausmarkt zu erwarten ist. Krankenhäuser werden vor weitere Herausforderungen mit hohem Bezug zur Wirtschaftlichkeit gestellt. Auch die Frage nach einer bedarfsgerechten Versorgung im Vergleich der bisherigen Nachfrage bleibt zunächst offen.
 

Praxis-Hinweis:

Die veröffentlichten Unterlagen sind umfangreich. Das MAGS hat insgesamt 74 Listen mit seinen Voten veröffentlicht. Da diese jeweils nur als Einzellisten zur Verfügung gestellt werden, ist ein Gesamtüberblick auf der Basis erschwert.

Solidaris hat daher eine Gesamtliste erstellt. Unsere filterbare Liste ermöglicht Ihnen einen einfachen Gesamtüberblick der Voten der Krankenhäuser im Vergleich zu denen des MAGS. Die Liste finden Sie unter folgendem Link zum kostenlosen Download: https://www.solidaris.de/krankenhausplan-nrw-gegenueberstellung-leistungsgruppen-mags

Autorin
Autor
Autor
Leitung Geschäftsfeld Strategie und Geschäftsfeldentwicklung

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß