Neue Befristungsregelungen in den AVR-Caritas

Der Vermittlungsausschuss der Zentralen Arbeitsrechtlichen Kommission (ZAK) hat eine Regelung für Dienstverhältnisse getroffen, die die sachgrundlose Befristung von Dienstverhältnissen, auf die die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR-Caritas)“ Anwendung finden, erheblich einschränkt. Sie ist am 1. Juni 2024 in Kraft getreten.

Befristete Arbeitsverhältnisse nach § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) erfreuen sich bei Arbeit­gebern großer Beliebtheit. Neben Befristungen mit Sachgrund, etwa zur Krankheitsvertretung, sind im Rahmen der gesetzlichen Regelung auch sachgrundlose Befristungen bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig. Den Dienstgebern bietet insbesondere die sachgrundlose Befristung die Möglichkeit, einen – gegebenenfalls nur vorübergehend – bestehenden Arbeitskräftebedarf zu decken, ohne die regelmäßig auftretenden Probleme im Zusammenhang mit dem Ausspruch von Kündigungen befürchten zu müssen. Auf Arbeitnehmerseite sind Befristungen in der Regel wenig beliebt, da ihnen diese eine längerfristige Zukunftsplanung erschweren.
 

Die Neuregelung im Einzelnen

Dienstverhältnisse dürfen mit Sachgrund nunmehr nur bis zu einer Höchstdauer von sechs Jahren befristet werden. Hintergrund der Regelung ist das Ziel, sogenannte „Kettenbefristungen“ weitgehend zu vermeiden. Die ZAK legt neben der Höchstgrenze auch die zulässige Anzahl der Befristungen für den Sechsjahreszeitraum fest. Die befristeten Dienstverträge dürfen demnach nur noch zwölfmal verlängert werden. Bei der Berechnung der Befristungshöchstdauer und der zulässigen Anzahl der Befristungen werden alle Vorbeschäftigungen bei demselben Dienstgeber berücksichtigt, die nicht länger als 12 Jahre zurückliegen.

Für die Praxis bedeutsamer ist jedoch vor allem die Neuregelung zur sachgrundlosen Befristung, die zukünftig grundsätzlich unzulässig ist. Von diesem generellen Verbot gibt es nur in drei Konstellationen Ausnahmen:

Eine bis zu zwölfmonatige Befristung ohne Sachgrund ist zulässig, wenn ein Beschäftigter erstmalig bei einem Dienstgeber eingesetzt wird (Erprobung).

Eine Befristung bis zu 21 Monaten ist ohne Sachgrund möglich, wenn eine Einrichtung eine neue Aufgabe übernimmt und deren dauerhafte Fortführung bei Begründung des Dienstverhältnisses ungewiss ist oder

wenn die Vergütung des Beschäftigten durch Drittmittel finanziert wird, die nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen oder deren dauerhafte Verfügbarkeit ungewiss ist.

Bis zu den vorgenannten Höchstgrenzen kann ein sachgrundlos befristetes Dienstverhältnis nunmehr lediglich zweimal verlängert werden. Eine sachgrundlose Befristung ist jedoch nur dann zulässig, wenn mit dem gleichen Dienstgeber zuvor kein befristetes oder unbefristetes Dienstverhältnis bestanden hat („Vorbeschäftigungsverbot“).

Von der Neuregelung nicht berührt sind die weiterhin möglichen Befristungen nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz und – in der Praxis besonders relevant – die Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverträgen mit Ärzten in der Weiterbildung. Hier gehen weiterhin die gesetzlichen Regelungen vor. Soweit hinsichtlich der Befristungsmöglichkeiten bereits Sonderregelungen der Regionalkommissionen bestehen, können diese fortgelten, wenn die jeweilige Kommission bis zum 30. November 2024 einen entsprechenden Beschluss fasst.

Den Dienstgebern soll weiterhin die Möglichkeit eröffnet werden, durch Dienstvereinbarung mit ihrer Mitarbeitervertretung weitere Tatbestände bzw. Fallgestaltungen zu definieren, unter denen sachgrundlose Befristungen über die vorgenannten Regelungen hinaus möglich sein sollen, wobei der Inhalt einer solchen Dienstvereinbarung durch das TzBfG begrenzt wird.
 

Folgen für die Dienstgeber

Die oben unter den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Fallgruppen stellen unter dem Dach des TzBfG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lediglich Untergruppen der sachgrundlosen Befristung dar. Die ZAK bezeichnet die Fallgruppen in ihren Erläuterungen als „Sachgrundbefristung plus“, da es sich bei den Fallgruppen um legitime Befristungsinteressen handelt, die auch im Geltungsbereich der AVR-Caritas für die Dienstgeber möglich bleiben sollen. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass Befristungen, die außerhalb der vorgenannten Fallgruppen vereinbart werden, nicht mehr möglich sind und zur Unwirksamkeit der Befristung führen. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Arbeitsverträge als unbefristet abgeschlossen gelten.

Aus Arbeitnehmersicht dürfte die Neuregelung einen echten Mehrwert bieten und folglich die Attraktivität der kirchlichen Arbeitgeber erhöhen. Die Möglichkeiten der Befristung für die Dienstgeber werden demgegenüber jedoch stark eingegrenzt und sind mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet, zumal damit zu rechnen ist, dass die Frage, ob eine Befristung in eine der Fallgruppen fällt, mittelfristig Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen sein wird. So dürfte die Fallgruppe der „Erprobung“ verhältnismäßig gut zu handhaben sein, doch stellt sich bereits in der zweiten Fallgruppe die Frage, wann eine Einrichtung eine „neue Aufgabe“ übernimmt, die eine Befristung rechtfertigt, oder was passiert, wenn sich eine zu Beginn der Beschäftigung befristete Drittmittelfinanzierung (Fallgruppe 3) im Laufe der Befristung des Dienstvertrages zu einer dauerhaften Finanzierung entwickelt.
 

Praxis-Hinweis

Infolge des derzeit herrschenden Fachkräftemangels, insbesondere in Gesundheitsberufen, haben bereits viele Einrichtungen die Erfahrung gemacht, dass befristete Stellen für die Bewerber unattraktiv sind. Für diese Einrichtungen ist die Neuregelung nur von untergeordneter Bedeutung. Die übrigen Dienstgeber müssen nun besonders kritisch prüfen, ob die oben dargestellten Fallgruppen einschlägig sind, wenn eine sachgrundlose Befristung vereinbart werden soll. Ist dies nicht der Fall, muss der Dienstgeber einen unbefristeten Dienstvertrag wohl oder übel in Kauf nehmen oder die geplante Einstellung dem Grunde nach hinterfragen. Besteht eine Mitarbeitervertretung, kann auch von der Möglichkeit des Abschlusses einer Dienstvereinbarung Gebrauch gemacht werden, um den individuellen Anforderungen der Einrichtung gerecht zu werden.

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